Tiefgrau statt rostrot

Tiefgrau statt rostrot

„Der im rostroten Herzen der Pilbara liegende Karijini National Park ist einer der farbenprächtigsten und eindrucksvollsten Nationalparks Australiens.“ So steht es in einem unserer Reiseführer. Seit ein paar Stunden ist das rostrote Herz allerdings weder farbenprächtig noch eindrucksvoll, sondern wolkengrau verhangen und schwer verregnet.

Durch den Nationalpark führt eine fast 70 Km lange Piste, die an zahlreichen „atemberaubenden Schluchtensystemen“ mit „grünen Oasen, in Stufen herabplätscherndes Wasser und einigen zum Baden geeignete Naturpools“ vorbeiführt. Doch zum einen wäre es sinnlos durch die grauen Wolken zu stapfen. Und auch wegen des felsigen Untergrunds viel zu gefährlich, bei diesem Wetter kleine Wanderungen zu unternehmen.

Zum anderen ist die Piste durch den Regen derart verschlammt, dass ein weiteres Durchkommen für uns eher sehr unwahrscheinlich ist. Wir hängen also auf einem Campingplatz im Nationalpark fest, schauen dem Regen beim regnen zu, schlürfen heißen Tee und lesen ein wenig. Viel mehr gibt es auch nicht zu tun, denn wir sind hier heftig weit weg von allem. Die einzige Abwechslung im Umkreis von … ach weiß der Teufel … bietet ein kleines Klohäuschen mit Plumpsklo. Die offizielle Bezeichnung hat übrigens den wirklich hübschen Namen „Aussie Long-Drop Toilet“. Und eine Gebrauchsanleitung steht innen auch angeschlagen. Sie lautet „Do what you came to do“.

Internet ist natürlich auch nicht. Also jetzt nicht nur auf der „Aussie Long-Drop Toilet“, Wenn ihr diese Zeilen lest, sind wir schon wieder ein ganzes Stück weiter gereist.

Dabei hat der Tag mit strahlendem Sonnenschein begonnen. Von unserem letzen Campingplatz in einem Ort namens Tom Price (ja, das Örtchen heißt tatsächlich so), unterhalb des Nameless Mountains im Nameless Valley, fahren wir zunächst zu einer namenlosen Tankstelle und dann die 50 Km in den Karijini National Park. Die Gegend ist ziemlich hügelig und wie schon so oft bisher sind wir immer wieder über die großen Flächen erstaunt, die offensichtlich in den letzten ein oder zwei Jahren niedergebrannt sind.

Irgendwo habe ich gelesen, man sei in weiten Teilen Australiens der Natur schlichtweg ausgeliefert. Im Sommer kommt es immer wieder zu riesigen, großflächigen Bränden. Und im Winter – also jetzt – können die selben Flächen auch mal locker von ein bis zwei Meter Wasser überspült werden. Nicht umsonst stehen entlang der Straßen ständig gelbe Warnschilder mit der Aufschrift „Floodway“, gefolgt von einem zwei Meter hohen Messstab, um die Wassertiefe anzuzeigen.

Doch die einzige Wassertiefe die uns zunächst im Park interessiert, ist die im Circular Pool,. Einem dieser oben erwähnten, natürlichen Pools. Ein etwa 30-minütiger Fußweg führt uns hinab und durch eine Schlucht, deren senkrechten, roten, 80 Meter hohen Wände den Badepool umschließen. Eisenerz ist der Grund für die intensive, rostrote Farbe. Verstärkt wird diese Farbe noch durch einige bleichblonde Spinifexgräser, den teilweise strahlend weißen Eukalyptusbaumstämme und etwas Grünzeug, von dem wir allerdings keinerlei Ahnung haben wie es heißt.

Am Circular Pool angekommen, geht es dann natürlich gleich mal ab ins Wasser. Der Pool hat einen Durchmesser von vielleicht 25  Metern, ist gut drei Meter tief und der Blick entlang der senkrechten, rostroten Wände ist tatsächlich atemberaubend. Ok, vielleicht sind die ersten Augenblicke dieses atemberaubenden Eindrucks auch der Wassertemperatur geschuldet. Kaum wieder raus aus dem Pool frischt der Wind merklich auf und der Himmel zieht sich zu.

Wir überlegen kurz, ob wir noch zu einem unweit entfernten Wasserfall weitergehen, oder doch lieber wieder zurück zum Auto. Wir entscheiden uns für letzteres. Und kaum sind wir kurz nach 14 Uhr wieder an unserem Camper angekommen … ja, ihr ahnt es …

Jetzt hoffen wir für morgen auf besseres Wetter. Schließlich ist dieser Nationalpark als einer der Höhepunkte eingeplant. Rostrote Erde statt tiefgraue Wolken wäre hübsch. Wir können nur abwarten. Es ist jetzt  gleich 18 Uhr und es wird ziemlich schnell ziemlich dunkel. Wir machen es uns jetzt weiter gemütlich.

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