Alles ganz entspannt

Alles ganz entspannt

So, gleich mal ne Ansage: Stand jetzt ist Singapur die gechillteste Millionenstadt, in der wir jemals waren. Das liegt sicher nicht nur daran, dass wir erst weit Richtung Mittag unsere Unterkunft verlassen. Denn eine Großstadt am Vormittag ist halt für gewöhnlich bestenfalls für Museen gut. Aber später, am Nachmittag gegen Feierabend, beginnt das Leben, Big City Lights und so.

Doch der Reihe nach. Nach Mittag schlurften wir langsam zu Fuß ins muslimische Viertel Kampong Glam. Wobei hier alle – bedingt durch Dampfsauna-Klima – zu Fuß im untersten Drehzahlbereich unterwegs sind. Keine Hektik, kein Stress, nirgendwo. Niemand pöbelt, wird laut, rempelt oder ähnliches. Auch die Autos hupen nicht, fahren langsam und mit Bedacht, alles wie ein ruhiger, vor sich hinplätschender Fluss.

Wobei Aggressionen auch heftigst bestraft werden. Für einfach mal jemandem aufs Maul hauen gibt’s gleich mal 2 Jahre Knast. Ich bin nicht vom Fach, doch für bekennende Hooligans dürfte das hier der Vorhof zur Hölle sein. Übrigens ist es wohl auch für Frauen problemlos möglich, alleine um 4 Uhr in der Nacht durch die Straßen zu gehen.

Doch zurück zu Kampong Glam. Wie so oft in dieser Stadt besticht auch dieses Viertel mit zahlreichen, gut 100 Jahre alten und 2 bis 3stöckigen, bunt bemalten Geschäftshäusern. Für Architektur-Kenner sind sie laut Google ein Fest verschiedener asiatischer und europäischer Stile. Wie bei den Hooligans sind wir auch da nicht sooo tief im Thema, erfreuen uns aber am Anblick der Farben und zahlreichen Wandmalereien.

Wir lassen uns also ein wenig treiben, wollen ganz bewußt keine Touri-Hotspots einfach abhaken, schlendern ein wenig durch die Gegend, suchen uns immer wieder ein Plätzchen, um unseren schwitzenden Körpern das eine oder andere Kaltgetränk zuzuführen und genießen die gelassene Freundlichkeit der Leute.

Ein weiterer Wohlfühlfaktor ist die hier herrschende Sauberkeit. Noch ein winziges bisschen sauberer ist es wirklich nur in Japan. Ab und zu werfen wir an den schier unzähligen Essensständen ein, zwei Häppchen zur Stärkung ein und weiter geht es.

Wir schlendern gegen Nachmittag einfach weiter, möchten eigentlich nur irgend etwas klimatisiertes für eine Verschaufpause finden. Ebenso plötzlich wie unerwartet türmt sich am Parkview Square ein edles Art Deko Hochhaus wie frisch aus Gotham City vor uns auf. Beate und ich haben bei so etwas unterschiedliche Herangehensweisen. Sie ist die eher zurückhaltende, schüchterne, bleibt etwas außen vor. Ich hingegen suche ein Türe und gehe einfach mal hinein.

Das Innere offenbart sich als eine mit „opulent“ nur unzureichend beschriebene Bar namens Atlas in einem großen Saal, mit allem, was Art Deko Elemente so hergeben. Ich rufe Beate zu mir, die regelrecht verzückt ob dieser Ausstattung gar nicht weiß, wohin sie zuerst gucken soll. Aller Glanz und Glamour der 20er Jahre scheinen sich in diesem einen Raum zu vereinen.

Diesem Ambiente haben sich auch die Gäste bei der Wahl ihrer Kleidung angepasst. Anzughosen und Hemden bei den Herren sind das Mindeste. Im Vergleich dazu liefert mein Outfit mit Shirt und Shorts einen erfrischenden, unkonventionellen Gegenpol. Beate meinte mal vor Jahren, ich könnte in so Läden mit einer Selbstverständlichkeit reinspazieren, all würde das alles mir gehören. Heute war offensichtlich genau diese Selbstverständlichkeit wieder gefragt.

Also einfach rein da, milde lächelnd einen Afternoon Tea bestellen und dann Ambiente und Klimaanlage genießen. Hat funktionert.

Inspiriert von so viel Style entscheiden wir uns, anschließend ein Ein-Sterne-Michelin Restaurant aufzusuchen. Wir hatten bei den Reisevorbereitungen von einem in Chinatown gelesen. Also, ab in die wirklich hervorragende Metro Richtung Chinatown, dann noch kurz Suchen und schon stehen wir vor der Lokalität unserer Wahl.

Bezüglich unseres Outfits müssen wir uns keinerlei Gedanken machen, denn das ausgezeichnete Lokal liegt im Food Court einer … nun ja … Mall, gegen den selbst der mieseste Kaufland wie eine Luxus-Oase wirkt. Wobei da auch noch dutzende weitere Lokale, sogenannte Hawker sind, alle mit dem Charme einer kleinen, etwas runtergekommenen Frittenbude oder Dönerladens. Auf einer Skala von 1 – 10 geht das Ambiente hier eindeutig gegen Null. Egal, denn wie so oft in Asien bieten diese kleinen Streetfood-Läden nur sehr wenige Speisen an, die sind dann aber gerne mal extrem lecker.

Unser kleiner Laden erhielt 2018 einen Michelin-Stern. Das ist tatsächlich so, als ob bei uns ein Fritten-Fritz oder so ausgezeichnet würde. Erst mal eine Weile Schlangestehen angesagt. Dumplings sind hier den Stern wert, also so eine Art asiatische Version von Maultaschen. Und das dann für nur 3 bis 4 Euro. Kurzes Fazit: gut & günstig.

Gesättigt begeben wir uns noch zur Bucht vor dem Marina Bay Sands Hotel. Eine jeden Abend mehrfach stattfindende Licht-und Wassershow ist das Ziel. Sie soll historische und kulturelle Bezüge zu Singapur darstellen, die Transformation der Stadt, ihre Multikulturalität aber auch spirituelle Inhalte darstellen. So heißt es zumindest offiziell. Um ehrlich zu sein, hätte man das mir auch als eine „Wie aus einem Stück Holz ein Nudelbrett wurde“ Geschichte oder so verkaufen können. Für mich wäre es kein Unterschied. Aber was soll’s, es war sehr bunt und hübsch anzusehen.

Jetzt liegen wir wieder im Bett, es ist nach Mitternacht und nach einem ebenso entspannten wie abwechslungsreichen Tag freuen wir uns schon auf den nächsten.

Also, gute Nacht und auch euch eine entspannte Zeit.

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