Multiple Orgasmen – oder so

Multiple Orgasmen – oder so

Es ist stockduster um uns herum. Gerade mal 20 Uhr, doch das Licht unserer Stirnlampen durchdringen diese tiefe Dunkelheit noch nicht einmal im Ansatz. So dunkel es um uns herum ist, so laut ist es immer wieder mal. Grunz- und Brummlaute, als würden notgeile Bullen auf eine Kuhherde losgelassen, oder zumindest so ähnlich.

Zuweilen scheinen die Laute nur wenige Meter von uns entfernt in die Nacht gegrunzt zu werden. Es ist Hippo-Zeit. Jetzt steigen sie aus dem nur wenige Meter vor uns fließenden Okavango und grasen die Vegetation ab. So ganz geheuer ist uns das Ganze nicht. Außerdem wird es langsam aber merklich sehr frisch. Die Temperaturen fallen im hiesigen Winter nachts gerne mal so rund um die Null-Grad-Grenze. Zeit, sich in unseren Camper zurück zu ziehen.

Ein paar warme Socken, Schlafshirts sowie 2 dicke Decken übereinander schützen vor der aufziehenden Kälte. Dabei lassen wir gerne noch einmal den Tag Revue passieren. Um 16 Uhr haben wir uns in jeweils einem Einbaum-Kanu pro Schmitz meditativ über den hier sanft fließenden Okavango paddeln lassen. Ein paar hübsch bunte Vögel hier, einige Seerosen da, die immer wieder erstaunliche Stille der Natur – alles easy.

Plötzlich taucht etwa 25 m vor uns schnaufend ein Hippo auf. Wir beäugen es, es beäugt uns, unsere beiden Ruderer halten die Kanus nur ein, zwei Meter vom Flussufer entfernt. Das Hippo schwimmt bedächtig zu unserer Rechten in vielleicht 20 m Entfernung an uns vorbei. „Hippos können sehr schnell schwimmen“, meint mein Ruderer hinter mir. Ich weiß nicht, ob er damit meinen erhöhten Pulsschlag in irgendeiner Weise wieder auf Normal-Level runterbringen wollte. Auch der darauf folgende Hinweis, Hippos seien Rudeltiere und kämen selten alleine, trug nicht wesentlich zu meiner Entspannung bei.

Mein Hirn fuhr kurz Achterbahn, denn natürlich wusste ich Dank Vorbereitung, dass Hippos nach Moskitos für Menschen das zweittödlichste Tier Afrikas sind. Natürlich wusste ich, das Hippos als „territorial“ bezeichnet werden, sprich, sie versuchen alles zu killen, was sie ein bisschen nervt. Soll nochmal jemand sagen, Hardcore-Vegetarier wären friedlich. Also blickte ich mich auf der linken Uferseite sicherheitshalber nach Bäumen mit großem Umfang um, hinter dem Beate, ich und ein Hippo im Zweifel eine paar Runden Ringelreihen spielen könnten.

Bedächtig gleiten wir am Ufer entlang, da erschienen tatsächlich insgesamt 6 weitere Hippos in Sichtweite. Mit den beiden Kanus steuern wir auf eine kleine Insel im Fluss zu, gehen an Land und behalten die ein bis zwei Steinwürfe entfernten Hippos ständig im Auge. Diese Mischung aus leichter Nervosität, der Faszination, diese Tiere aus solcher Nähe in der freien Wildbahn zu beobachten, das goldene Licht der Abendsonne und ja, auch ein Bier, sorgten für einen dieser unwirklich magischen Momente, für die wir nach Afrika gekommen sind.

Wir lassen die Hippos an unserer Insel vorbeiziehen, warten noch ein paar Minuten und setzen uns dann wieder in unsere Kanus für den Rückweg. Weiterhin nah am Ufer entlang, der untergehenden Abendsonne entgegen, blicke ich immer noch euphorisiert in Richtung vor uns schwimmender Hippos, als plötzlich hinter einer kleinen Biegung 3 Elefanten nur wenige Meter vor uns am Ufer wassertrinkend auftauchen.

Ich sach mal so: ich bin ja keine Frau und multiple Orgasmen sind bei Männern eher nicht so ein Thema. Aber so in etwa muss sich das anfühlen. Also grob. Ach, ich weiß auch nicht, wie ich solche Augenblicke in angemessene Worte fassen soll. Was soll’s. Anschließend werden wir in die untergehende Sonne gerudert. Klingt kitschig, ist es vielleicht auch, war aber trotzdem sehr geil. In diesem Sinne: gute Nacht.

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