Der Endgegner und Master Yoda

Der Endgegner und Master Yoda

Wir beide mussten uns einem Gegner stellen, die Komfortzone weit hinter uns lassen, über unsere Grenzen gehen. Letztlich haben wir beide verloren, mussten aufgeben. Beate auf ihre und ich auf meine Art.

Wir hatten beide den gleichen Endgegner. Er war immer und überall, schlich sich ebenso gnadenlos wie unaufhaltsam durch jede Ritze unseres Campers ins Innere. Forderte Reifen und Kupplung bis zum bitteren Ende:

Sand!

Wer uns kennt weiß, dass Beate, lasst es mich diplomatisch formulieren, die dezent stärkere Sehschärfe in Bezug auf Schmutz von uns beiden hat. Sie sieht Dinge, von dehnen ich noch nicht einmal ahne, dass sie da sind.

Dementsprechend versuchte sie anfangs tapfer jeden Abend das Camperinnere zu reinigen. Handschaufel und Schwämmchen waren ihre Waffen gegen die tägliche Sandschicht. Kehrabend. Es war ein stiller Kampf, ein hartnäckiger, unermüdlicher und dennoch aussichtsloser.

Wir hatten uns vorab aufgrund unserer Namibia-Erfahrungen 2015 mit Plastikplanen als Schutz fürs Bett und Mülltüten für die Klamotten eingedeckt. Täglich überlagerte der Sand die Abdeckungen mit einer gut sichtbaren Schicht.

Schon früh aßen wir abends nur noch direkt aus der Pfanne, denn die Teller hätten wir vorab abwaschen müssen.

Irgendwann gab Beate ihre Sysiphus-Putzerei auf – zum allerersten Mal in ihrem Leben. „Ist jetzt auch egal“, seufzte sie  schicksalsergeben angesichts eines übermächtigen Gegners.

All dieser Sand bedeckte vorher, mal mehr mal weniger tief, botswanischen Boden. Dieser ewige Sand wurde auch zu meinem Endgegner. 

Zig Kilometer pflügte ich unseren Camper über Offroad-Pisten weit jenseits von Google Maps. Ein ständiges, schnelles Spiel von Kupplung und Gas, ein permanentes Hin- und Herschalten zwischen dem ersten und zweiten Gang, immer im Zustand angespannter Konzentration. 50 Meter Strecken über 30 Km/h im dritten Gang wertete ich schon als Autobahn.

Wahrscheinlich habe ich dabei auf Dauer die Kupplung überstrapaziert. Ganz sicher aber traf ich am gestrigen Donnerstag irgendwo mitten im Moremi Nationalpark eine falsche Entscheidung, als ich die Wahl hatte zwischen Tiefsand auf einer linken und Tiefsand auf einer rechten Piste. Ich wählte die rechte und fuhr uns erstmalig fest. Beim Versuch, uns aus dieser misslichen Lage zu befreien, gab ich der geschundenen Kupplung den Rest.

Unsere Lage erschien nicht unbedingt optimal. 25 Km entfernt von unserem letzten Camp, dem Third Bridge. 45 Km entfernt vom Gate zum Nationalpark. Kein Handy-Netz. Und erst ein paar Minuten zuvor hatte ein Hippo versucht uns zu jagen und wir waren auf Löwenspuren gestoßen.

Die Situation war im wahrsten Sinne des Wortes festgefahren. Doch wie in jeder guten Geschichte, wendet sich das Blatt just im Moment scheinbar endgültiger Hoffnungslosigkeit angesichts eines übermächtigen Endgegners. Wir sind keine Star Wars Fans, wirklich nicht, doch plötzlich war die Macht mit uns.

Nur wenige Minuten nach meinem Missgeschick fuhr ein englisches Paar unseres Weges. „Yoda“ stand auf dem Nummernschild. Die beiden hatten für eine längere Tour in Südafrika einen PS-starken Land-Rover erworben. Master Yoda, wie wir den Fahren von nun an ehrfurchtsvoll nennen sollten, wollte mal testen, wozu sein neuerworbenes Vehikel in der Lage ist.

Kurzentschlossen schleppte er uns die einspurige, 45 Km-Piste über 3 Stunden bis zum Eingang des Nationalparks.

Am Eingangstor konnten wir per Festnetz unseren Vermieter Britz erreichen. Der schickte aus der nächstgelegenen, 100 Km entfernten Stadt Maun einen Abschleppwagen.

Zufällig hatten wir vorab eh in Maun für die Nacht eine Unterkunft gebucht. Der Abschleppdienst brachte uns am Abend dahin.

In unserer Unterkunft besuchten wir dann hungrig das Restaurant. Und wer sind die einzigen Gäste? Master Yoda mit seiner Freundin.

Möge die Macht mit ihnen sein, wenn sie auf ihrer weiteren Reise auf ihren Endgegner treffen.

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