Mystisch

Mystisch

Der Grenzübergang Ngoma Bridge vom namibischen Caprivi-Streifen rüber nach Botswana genießt unter etwas abenteuerlich orientierten Afrika-Touristen einen fast mystischen Ruf. Worauf diese Mystik beruht, hat sich mir allerdings in der Vorbereitung nie so ganz erschlossen.

Nun, da wir selber am Freitag (16.06.) das Privileg genießen durften, diese Grenzstation zu passieren, kann ich zumindest ein paar Vermutungen anstellen: vielleicht liegt es an den Bergen von Papierkram, die ohne so Angaben wie etwa die Chassis-Nr. des Autos nicht vollständig wären. Unter Umständen sind es die Grenzbeamten, die gerne mal zwischendurch für ein minutenlanges Handy-Telefonat die Straße auf- und abgehen. Möglicherweise ist es das demonstrativ zur Schau gestellte Desinteresse, das Fehlen jeglicher nachvollziehbaren Mimik, gepaart mit der hohen Kunst der absoluten Ineffizienz, auf der diese Mystik beruht. Wie auch immer, irgendwann betreten wir mystischerweise Botswana.

Das Ziel ist zunächst der Chobe Nationalpark: Eine extrem hohe Wildtierdichte mit spannenden Pisten jenseits des Asphalts gelten als das Markenzeichen der Gegend. Vorab hatte ich uns 3 Nächte im Senyati Safari Camp gebucht. Die Plätze für Camper waren bereits vergeben. Warum das nicht als ein Zeichen ansehen und einfach eines der Chalets mieten, zumal es ein paar Scheine günstiger ist als etwa ein MotelOne in Deutschlands Städten.

Die letzten Kilometer Anfahrt über eine tiefsandige Buckelpiste lassen unseren Camper trotz Allrad immer wieder hübsch schwimmen und Beate heftig schwitzen. Der Grund für die Wahl des Senyati Camps ist sein ebenfalls mystischer Ruf – Stichwort Elefanten. Viele Elefanten. Sehr viele Elefanten. Oder ohne jegliche Übertreibung: extrem viele Elefanten. Und Giraffen. Und Büffel. Und Antilopen. Und bunte Vögel. Und Paviane. Und Hyänen. Und eine Mungos-Gang. Was hier halt so wohnt.

Rustikale Berghütte in der Savanne

In den Alpen würde man unser Chalet als rustikal eingerichtete Berghütte bezeichnen. In diesem Fall jedoch mit einer Terrasse, die einen weiten, zaunfreien Blick auf die afrikanische Savanne ermöglicht, inklusive eines – und hier kommt der Clou – Wasserlochs in genau 30 Schmitz-Schritten Entfernung (laut iPhone beträgt meine Schrittlänge durchschnittlich 83 cm, es sind also knapp 25 m). Zwischen Wasserloch und Terrasse führt noch ein Elefanten-Trampelpfad, der sich dank zahlreicher Ausscheidungen der Dickhäuter auch mit Vollschnupfen problemlos erschnüffeln lässt.  

Kaum sitzen wir auf dieser Terrasse und wollen uns gerade etwas einleben, steht plötzlich, ihr ahnt es schon, der erste Elefant am Wasserloch. Hatte Beate auf dem Weg hierhin noch heftiger transpiriert, kullerte ihr nun tatsächlich ein Tränchen der Rührung aus den Augen. Einen Elefanten in freier Wildbahn nur ein paar Meter entfernt zu erleben, ohne jeglichen Schutz wie Zäune o.ä., ist: Erhaben. Unwirklich. OMG. Spektakulärst. Mega. Krass. Mystisch. Und für alle Boomer: Super.

Doch dies sollte nur der Anfang sein. Denn in den folgenden Nachmitags- und Abendstunden versammeln sich über weitere 50 Elefanten in allen Größen direkt vor uns am Wasserloch. Eine Herde Giraffen zog im Abendlicht noch malerisch vorbei und der Trampelpfad vor unserer Terrasse mit weiteren Duftmarken bereichert.

Elefanten vor dem Bunker

Das Camp bietet on top einen „Bunker“, knapp 50 m links vom uns am anderen Ende des Wasserlochs. In ihn gelangt man durch einen engen Tunnel. Gucklöcher in Grasnarbenhöhe bieten nur 3 oder 4 m vom Wasser entfernt tiefe und extrem nahe Aussicht auf die Tiere.

Im Bunker hockend begrüßt uns gleich mal der erste Elefant, in dem er uns beäugend auf die Gucklöcher zugeht und nur ein paar Zentimeter davor links abbiegt (s. Titelbild). Trotz des Schutzes durch den Bunker formen meine Synapsen in diesem Moment mal ein fettes „F…! Ach du heilige Sch…“ in meine Hirnrinden, was augenblicklich zu einem Adrenalinschub höheren Ausmaßes führt.

Während ich diese Zeile verfasse ist jedoch alles wieder im tiefenentspannten Ruhepuls-Modus, zumal da gerade eine Giraffe auftaucht und elegant ihres Weges schreitet. Dieser Ort hier hat wirklich etwas mystisches.

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