Shinto-Götter, Buddha und der Todesstern des Südens

Shinto-Götter, Buddha und der Todesstern des Südens

„Am Himmel scheinende große erlauchte Göttin“. So lautet übersetzt der Name der shintoistischen Sonnengöttin, die auf der Nationalflagge als Lebenspenderin abgebildet ist, Urmutter der Kaiserfamilie. Neben ihr bietet der Shintoismus noch mehrere Millionen Gottheiten und Geister, die je nach Bedarf angerufen werden können und Orientierung bieten.

Diese Vielzahl erklärt sich auch daraus, dass hier in Japan alles, absolut alles als belebt oder beseelt gilt und im Zweifel um Hilfe angebetet werden kann. Ein pädagogisch wertvoller Ratschlag von Eltern an ihre Kinder lautet etwa: „Mach die Tasse nicht kaputt. Du tust ihr damit weh.“

Ob belebt oder nicht, auf gar keinen Fall kaputt gehen dürfen unsere Handys. Denn zur Orientierung greifen wir hier weniger auf die Sonnengöttin und Geister zurück, sondern auf unsere Mobilgeräte, insbesondere Google Maps. Vor der Reise hatten wir einige Bedenken, ob und wie wir von A nach B nach C hier kommen würden. Doch um es kurz und klar zu formulieren: wer Google Maps kann, kann auch Japan als Individualtourist bereisen.

Nur noch um die 27 Grad tagsüber. Es wird eindeutig Herbst.

So leitet uns Google auch am Freitag in das gut 50 km südlich von Osaka liegende kleine Örtchen Koyasan. Auf 6 Quadratkilometern verteilen sich hier gut 600 buddhistische Mönche und 117 Tempel. Diese bieten z.T auch Übernachtungsmöglichkeiten inkl. Meditationskursen an. Schon vor dem Urlaub kam Beate auf die Idee, dass wir dies mal machen sollten.

Dabei spielt Buddhismus in Japan nur noch für Touristen eine Rolle. Im Alltag Shintoismus, im Tod Buddhismus heißt es hier. Im shintoistischen Glauben, der übrigens ohne Gründer, heiligem Buch und festen Regeln auskommt, winkt nach dem Tod dem Verstorbenen das Zusammensein mit seinen Familienangehörigen. Die Aussicht, dass nach buddhistischer  Vorstellung u.U. sogar das Nirvana im Tod erreicht werden kann, erscheint da den meisten Japanern wohl verlockender.

Uns treibt eher die Neugierde in das Eokin, einem buddhistischen Tempel, Kloster mit oben angesprochenen Übernachtungsmöglichkeiten. Wobei dieser Tempel/Kloster neben Meditationskursen auch noch Wlan, TV, die in Japan üblichen Weltklasse-Toiletten (eine angemessene Lobpreisung dazu in einem späteren Blog) und eine E-Tankstelle anbietet.

Der Eingang zum Eokin, in dem wir eine Nacht verbringen.

Wir belegen eine 2-Raum Unterkunft, jeder Raum 3×3 m groß, mit Schiebetüren aus Papierwänden, Futton-Matten und einem Service, der uns Abendessen (vegan) und Frühstück (ebenfalls vegan) aufs Zimmer bringt.

Unser Programm ist stramm durchgetaktet: 15:30 Uhr erfolgt eine Einführung in die Meditation für Anfänger und solche, die es werden wollen. Eine schmerzhafte Angelegenheit wegen Rücken (Beate) und Meniskus (ich). Um 17:30 Uhr ist Abendessen. Für 19 Uhr buchen wir noch eine Führung über einen nahegelegenen Friedhof, mit der erstaunlichen Anzahl von gut 200.000 Gräbern.

Unser Doppelzimmer. Im hinteren Teil wurden später die Futton-Matratzen aufgebaut.

Bei Dunkelheit, schwacher Beleuchtung und kaltem Regen fällt die Tour halbwegs creepy aus. Das Ganze raubt uns aber keineswegs den Schlaf. Todmüde gehen bei uns um 22 Uhr die Lichter aus.

Der heutige Morgen beginnt ungewohnt früh um 6:15 Uhr. Bisher konnten wir immer locker ausschlafen, was auch den Jetlang ziemlich erträglich gemacht hat. Doch es steht eine weitere Meditation an. Fünf Mönche rezitieren mit ihrem monotonen Sprechgesang buddhistische Sutras in einer kleinen, schwach beleuchteten Halle. Das ist atmosphärisch überaus dicht, doch der eine oder andere Kaffe dazu wäre jetzt auch nicht schlecht. Beate stellt fest, dass sie alleine schon aufgrund ihres Biorythmuses nicht für ein Mönchsleben gemacht sein.

Abendessen. Und nein, wir haben es nicht knieend eingenommen :-)

Danach begeben wir uns zu einem Feuerritual. Auf länglichen Hozstäben darf jeder einen Wunsch schreiben. Ein Mönch entfacht daraus ein Feuer und betet dafür, dass sich das Universum der Wünsche annehmen möge (s. Titelbild).

Mein Wunsch: dass der FC heute beim Gastspiel in München den Todesstern des Südens in Schutt und Asche legt. Mal abwarten, ob der Mönch einen entsprechenden Draht zum Universum hat – oder ob solche Wünsche einfach nur in Schall und Rauch aufgehen. Falls wieder erwarten letzteres eintreten sollte, mache ich es demnächst dann wie die Japaner und wende mich direkt an die Shinto-Götter. Mal sehen, was die so können.

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