Spürbar anders

Spürbar anders

„Echte Liebe“ lautet Beates Vorschlag für den Titel des heutigen Blogs. Natürlich, weil wir uns in Kyoto – wie gestern von ihr bereits geschrieben – schlichtweg verliebt haben. Nun ist allerdings „Echte Liebe“ der Slogan des BVB. Bei allem Respekt für die Dortmunder, geht so eine Überschrift natürlich nicht.

„Spürbar anders“ hingegen ist der Slogan vom FC und am morgigen Samstag steht das Derby gegen Lachbach an. Da ist Support angesagt. Ich möchte bei aller Japan-Begeisterung schließlich nicht die wesentlichen Dinge des Lebens aus den Augen verlieren. Doch letztlich treffen beide Slogans gut auf unsere ersten beiden Tage in der 1,5 Millionenstadt zu.

Die „Echte Liebe“ bezieht sich insbesondere auf das traditionelle „Geisha-Viertel“ Gion. Zahlreiche kleine, einstöckige Holzhäuser im alten japanischen Stil säumen die Straßen. Teilweise wurde auf Telefon- und Strommasten verzichtet, um den alten Charme zu erhalten. Nicht fehlen dürfen da diverse Tempel und Schreine. Unser Ziel für heute ist der „Roboter-Tempel“Kodaji. Hier predigt – wie im ersten Blogbeitrag dieser Reise bereits erwähnt – ein Roboter den Zen-Buddhismus. Außerdem sollen eines Tages Dank seiner KI alle Fragen nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest beantwortet werden.

Das scheint ihn sehr zu beschäftigen. Touristen und sonstige Interessierte haben heute keine Chance, seinen Worten zu lauschen. Kein Zutritt. Vielleicht wird aber auch weiter an ihm rumprogrammiert und er benötigt ein Update. Wir wissen es nicht.

Aber die daneben liegende Anlage des Tempels ist schlichtweg wunderhübsch. Wobei wir, wie schon häufiger, weder alles verstehen, noch so recht wissen, wie wir das alles in Worte fassen sollen. Deshalb an dieser Stelle ein paar Zeilen des japanischen Dichters Matsui Munefusa:

In Kyoto bin ich,

doch beim Schrei des Kuckucks,

sehn’ ich mich nach Kyoto.

Ja, da formen sich im Hirn sogleich zahlreiche Synapsen zu einem mega Fragezeichen. Irgendwie ist das schön, poetisch und gleichzeitig rätselhaft. So geht es uns ständig.

Das trifft auch in Alltagssituationen wie etwa dem Busfahren zu. Man steigt hinten ein und vorne wieder aus. Wobei die Busfahrer jeden (!) einzelnen (!) Gast (!) beim Ausstieg verabschieden. Spürbar anders eben. Ein Busfahrer kündigt sogar jede Anfahrt, egal ob an einer grünen Ampel oder Haltestelle, mit einem langgezogenen, kehligen „Jihaaaaa“ an. Wir wissen nicht, was dieser Ausdruck bedeutet. Aber wir entschließen uns, ihn in unser Alltagsvokabular im Sinne von „Auf geht’s“, „Weiter geht’s“ aufzunehmen.

Eher nicht in unseren Alltag aufnehmen werden wir jedoch die japanische Teezeremonie. Unsere Skills bezüglich Tee beschränken sich für gewöhnlich ja auf Teebeutel in Tasse werfen und heißes Wasser drauf. Das ist bei einer hiesigen Teezeremonie ein wenig ausgefeilter. Am Nachmittag besuchen wir eine, um mal von Profis zu lernen.

Die Teezeremonie-Meisterin berichtet, es bräuchte etwa 1 Jahr, um die Basics ansatzweise zu können. Nach 10 Jahren Lehrzeit und intensivster Übung könne man bzw. frau sich dann möglicherweise auch als Meister bezeichnen. Außerdem dauert eine solche Zeremonie in der Directors Cut Extended Version auch mal 4 Stunden. Wir haben die Kurzversion mit 70 Minuten gebucht und dürfen uns nachher selber ein wenig an dieser Kunst probieren.

Die Meisterin lobt unsere Bemühungen zwar wohlwollend, doch seien wir ehrlich: das was sie da vorher gezaubert hat, ist spürbar ganz ganz anders.

Für den Abend planen wir noch einen Besuch im Restaurant Taroya Kyoto Home Cuisine. Im Online-Reiseführer Wanderweib.de (übrigens sehr empfehlenswert) heißt es wörtlich: „Bestelle von der Theke und frage lieber nicht, was du da isst.“ Mal abwarten, ob die Speisen dann in die Kategorie „Echte Liebe“ oder „Spürbar anders“ fallen.

2 Replies to “Spürbar anders”

  1. Hallo liebe Tessa!
    Wir haben leider keinen Platz bekommen – aber das Viertel war so nett, wir sind stattdessen bei Rony Brisket gelandet sind.
    Wir lieben Deinen Blog!!! Danke für die tollen Tipps und praktischen Ratschläge.
    Liebe Grüße aus Osaka Beate

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Lös das Captcha! *