Interviewmarathon, Oktoberfest und Barbie-Fetisch

Interviewmarathon, Oktoberfest und Barbie-Fetisch

Die glühen bestimmt auch im Dunkeln. So unser Eindruck beim Blick auf das Frühstücksbuffet am heutigen Sonntag im Mercure Hotel Jakarta Kota. Galertartige, farbenfrohe, zunächst nicht näher definierbare Dinger strahlen uns da an. Kleine Häppchen in neongrün, neonpfirsisch, neonichweißnichtwas. Wir machen ein Spiel daraus und jeder sucht für den anderen ein Stück zum Probieren aus.

Der Geschmack dürfte nicht zuletzt vom ökologisch-biodynamischen Obstanbaugebiet Bayer Leverkusen beeinflusst worden sein. Dazu gesellen sich mindestens 90% Zucker. Wie überhaupt der Indonesier an sich unserer Beobachtung nach dem Zucker sehr zugeneigt ist. Dementsprechend platziert sich das Land auch unter den Top 5 der Diabetiker weltweit.

Auch sonst unterscheidet sich das Frühstücksbuffet von dem westlichen ein wenig. Warme Speisen mit Nudeln, Reis, Huhn und Gemüse stehen zur Auswahl. Wir sind – wie auch schon in Palu, Ampana und Luwuk die einzigen weißen Gäste. Und mit T-Shirt und Shorts bekleidet hoffnungslos underdressed. Eine Dame trägt sogar eine Art barocke Robe zur Schau, als wäre Sie auf einer äußerst festlichen Veranstaltung in einem Ballsaal. Nun, vielleicht hat sie auch die Nacht auf einer festlichen Veranstaltung in einem Ballsaal durchgemacht.

Frühstück: Sieht nicht nur richtig gesund aus, sondern ist es ganz sicher auch.

Vom Zucker aufgepeitscht machen wir uns auf nach Kota Tua, der Altstadt Jakartas mit einigen Gebäuden des 17. Jahrhunderts aus der Kolonialzeit der Holländer. Die hatten hier einst – wie bei Kolonialherren so üblich – heftig gewütet und mehr als nur Gebäude als Spuren hinterlassen.

Der fußballfeldgroße Platz vor dem alten Rathaus diente einst als Hauptumschlagplatz für asiatische Gewürze und Muskatnüsse, die in Gold aufgewogen wurden. Heute dient der Platz als Möglichkeit, auf wahlweise neonpink- hellblau-, rosa- oder lilafarbenen Hollandrädern ein paar Runden zu drehen. Die Räder stehen stilecht mit Tropenhelm für die Herren und mit blumengeschmückten Sonnenhüte für die Damen zur Vermietung zur Verfügung. Sicherlich ein dutzend Indonesier nutzen dies. Uns ist um 9:30 Uhr bei Temperaturen, die an die 30 Grad kratzen und 75%iger Luftfeuchtigkeit, nicht nach derartigen Aktivitäten.

Stattdessen kommen vier Schülerinnen und ein Schüler auf uns zu und bitten uns, ihnen ein paar Fragen zu beantworten, um ihr Englisch zu trainieren. Natürlich stimmen wir zu. Wie heißt ihr? Wo kommt ihr her? Wie lange seid ihr schon in Indonesien? Was mögt ihr besonders? Und so weiter. Sehr nett das Ganze. Zum Schluss steht natürlich noch ein Foto an.

Wir gehen ungefähr fünf Schritte weiter, da kommen vier Schülerinnen und ein Schüler auf uns zu und bitten uns, ihnen ein paar Fragen zu beantworten, um ihr Englisch zu trainieren …

Interviewmarathon. Da Indonesier im Schnitt einiges kleiner sind als wir, fühlen wir uns zuweilen wie 2 m Riesen.

Wir gehen ungefähr fünf Schritte weiter, da kommen vier Schülerinnen und ein Schüler auf uns zu und bitten uns, ihnen ein paar Fragen zu beantworten, um ihr Englisch zu trainieren …

Dem aufmerksamen Leser werden die letzten Zeilen bekannt vorkommen. Nein, das ist kein Copy & Paste Fehler! Die Nummer wiederholt sich einfach 8x! 8x! Wir fühlen uns ein wenig wie berühmte Schauspieler, die auf einer Marketingtour diverse Interviews hintereinander mit immer den gleichen Journalistenfragen beantworten müssen.

Zeit, in das alt ehrwürdige Batavia Cafe zu flüchten. Ein 1805 im allerbesten Kolonialstil erbautes Cafe, deren Wand Fotos von Schauspielikonen wie Marlene Dietrich, Audrey Hepburn und US-Präsidenten wie Dwight D. Eisenhower, John F. Kennedy und Roland Reagan zieren. Aus uns nicht nachvollziehbaren Gründen werden wir nicht fotografiert, um die Promi-Wand mit einem Bild unsererseits weiter aufzuwerten.

Cafe Batavia: Promis aus aller Welt waren schon hier – und wir :-)

Egal, da stehen wir drüber. Im Tuk-Tuk fahren wir weiter durch die 30 Millionen Metropole und seinen z.T. sechsspurigen Straßen. Wobei die tatsächliche Anzahl der Fahrspuren natürlich nicht durch profanen weiße Markierungen auf dem Teer definiert wird, sondern durch die maximale und flexible Anzahl im Millimeterabstand nebeneinander passender Autos, Busse, Mopeds und Tuk-Tuks.

Wir steigen nach einer Weile an einem sicherlich 30 m hohen Denkmal aus, dass von einem vom erlösenden Torjubel die Arme hochreißenden Fußballtrainer gekrönt wird. Nun ja, da der erste Eindruck zuweilen täuschen kann, riskiere ich einen zweiten Blick. Außerdem weist mich Beate nicht ganz zu unrecht auf die gesprengten Ketten an Füßen und Handgelenken am Denkmal hin. Ganz offensichtlich handelt es sich nicht um einen jubelnden Fußballtrainer, sondern um das Freiheitsdenkmal des Landes.

Kein Zweifel, das ist ganz klar ein jubelnder Fußballtrainer.

Na ja, nur wenige Minuten entfernt überragt den etwa ein Quadratkilometer großen Unabhängigkeitsplatz ein 132 m hoher Obelisk mit einer von 35 Kg Gold überzogenen Flamme auf der Spitze: das Nationaldenkmal. Nicht wirklich schön, aber ziemlich monumental.

Nicht ganz so monumental aber immer noch ziemlich groß ist die Grand Indonesia Shopping Mall, unser nächstes Ziel. Abkühlung in edler Umgebung ist angesagt. Wir schlendern ohne festes Ziel ein wenig durch die Mall. Das ändert sich abrupt nachdem Beate sagt: „Ah, Schmuck! Du hast verloren!“ Doch ich möchte fair bleiben. Die Schmuckabteilung ist erfreulich übersichtlich, so dass wir schon bald unseren Weg fortsetzen.

Der führt uns eher zufällig in die Abgründe deutschen Frohsinns. Die Mall beherbergt auch ein Paulaner Brauhaus, in dem zur Jahreszeit passend, der verzweifelte Versuch unternommen wird, Oktoberfeststimmung zu erzeugen. Zumindest stimmt eine dreiköpfige deutsche Band in Lederhosen und Dirndl bayerisches Liedgut an. Dies erfreut die indonesischen Gäste in etwa so, wie die CSU zuletzt immer wieder für richtig gute Laune sorgte.

Tatsächlich richtig gute Laune haben jedoch sechs Männer und zwei Frauen in einem Cafe. Ich will es mal so sagen: Hat jemand von unserer geneigten Leserschaft einen geheimen und somit in der Öffentlichkeit unterdrückten Fetisch für Barbie-Puppen? Falls ja, empfehlen wird dieses Cafe in der Grand Indonesia. Hier treffen sich die Fans von Barbie Puppen halbwegs regelmässig, kämmen deren Haare mit Hingabe, tauschen Barbie-Modetipps aus und begutachten die Puppen der anderen auf Expertenniveau.

Keine Scheu, wir vermitteln gerne den Kontakt. Selbstverständlich bleibt die Information streng vertraulich. Also innerhalb dieses Blogs, wir sind ja hier unter uns :-).

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