La Dolce Klischee

La Dolce Klischee

Ich will mein Klischee zurück! Das vom La Dolce Vita – den von Leichtigkeit geprägten italienischen Lebensstil. Wozu gibt es schließlich Klischees, wenn man sie nicht mit all seinen Vorurteilen, seinem Horizont, der nur bis ans Ende der Nasenspitze reicht, hegen und pflegen kann?

Da fahren wir also gestern Abend nach Livorno, um von dieser Hafenstadt die Nachtfähre nach Sardinien zu nehmen. Gleich auf der Zufahrt Richtung Fähre erfolgt die heilige Dreifaltigkeit von Kontrollen in Corona-Zeiten in Italien: Ticket vorzeigen, dann die Impfnachweise (die gescannt werden) und zum Abschluss noch die Personalausweise. Aber nicht in der zu erwartenden kurzen Pseudovariante, nein, ausführlich, mit Check und Gegencheck.

Nun gut, wir fahren 50 Meter weiter, Reihen uns in die Auto-Schlange zur Fähre ein. Zack, die nächste Kontrolle. Ticket, Impfnachweise, Personalausweise. Das gleiche Spiel von vorne. Und erneut mit der verstörenden Gründlichkeit, wie erst wenige Sekunden zuvor. Dann, pünktlich die Einfahrt in den Bauch der Fähre. Die Camper vor mir fahren eine Etage höher. Ich muss im Bauch unseren 7 Meter langen Camper wenden und vor ein paar LKWs einparken. Rückwärts. Etwa 40 Meter. Immer schön eine Handbreit entfernt an der Wand auf Beifahrerseite entlang. Nix mit Leichtigkeit sondern mit Schweißperlen auf der Stirn.

Warten vor der Fähre

Etwas später im Bordrestaurant: Natürlich herrscht Maskenpflicht. Wir nuckeln beide jeweils an einem Entspannungs-Bier. Beate setzt ihres ab, greift zum Handy und schwupps, mahnt sie ein Angestellter, doch bitte ihre Maske wieder hochzuziehen.

Immerhin, die Nacht verläuft in unserer Schlafkabine ruhig – bis 5.45 in der Früh. Ein kurzes Knarzen, dann ertönt über den Lautsprecher in der Decke ein viel zu lauter Hinweis zum Thema Frühstück und Kaffee im Bordrestaurant. Danke!

Etwas später verlassen wir schließlich die Fähre in Olbia und der Sonnenaufgang begrüßt unsere Ankunft auf Sardinien. Rund 40 Kilometer südlich die Küste entlang liegt unser erstes Ziel: der Campingplatz Ermosa am Spiaggia di Su Tiriarzu. Ein sicherlich 3 Kilometer langer und gut 50 Meter breiter Sandstrand wartet dort auf uns.

Auf dem Strand entpuppt sich ein Holzverschlag als Mischung aus Bar und Café. Mit zwei Kaffeebechern aus Pappe inklusive Plastiklöffel hocken wir uns in den Sand und schauen der Sonne beim Aufsteigen zu. Das Rauschen der Wellen und des Windes untermalen dabei die Kastratenstimmen der Bee Gees mit „Stayin’ alive“ aus einem Lautsprecher – wobei die Betonung hier auf „Laut“ liegt.

Schließlich möchte ich die beiden Pappbecher mit Plastiklöffeln entsorgen. Vier Mülltonnen stehen mir dabei neben der Bar/Cafe in grün, gelb, braun und blau zur Auswahl. Leider ohne weitere Hinweise, wie hier der Müll zu trennen ist.

Die Besitzerin der Bar/Cafe sieht meinen irritierten Blick, kommt lächelnd auf mich zu, nimmt mir Pappbecher und Plastiklöffel ab und schmeißt alles in die blaue Tonne. Ich lächle nun auch, denn ich habe mein Klischee zurück.

Idylle: Unser Camper vor Fluss vor Dünen vor Meer :-)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Lös das Captcha! *